Audio-Aufnahmen

 Die folgende Vorgehensweise entspricht im Groben meinen Aufnahmen für das Schlagsaite-Album. (Verwendet wird "Cool Edit Pro" von Syntrillium Software - notfalls eine alte Sharewareversion benutzen)

  1. Aufnahme. logisch, oder? äußerst wichtig dabei: am Anfang oder Ende ein Stück von mind. 5 Sekunden absoluter Stille mit aufnehmen. Wird später fürs Entrauschen gebraucht. Lüftergeräusche kriegst du nachträglich nur dann raus, wenn sie absolut unverändert durchlaufen! Es versteht sich von selbst, dass man derlei Hintergrundrauschen ungeachtet der späteren Entrauschung auf ein machbares Minimum reduziert, um das Endergebnis zu optimieren! Unregelmäßige Hintergrundgeräusche können nicht automatisiert entfernt werden!

  2. Normalisieren (Transform/Amplitude/Normalize), z.B. auf 99%, und dabei zentrieren (DC Bias adjust auf 0%): extrem wichtig für spätere noise reduction!

  3. Entrauschen: Jetzt wird's ernst: Den bei der Aufnahme leer gelassenen Abschnitt mit dem Hintergrundrauschen vergrößern und markieren. Dabei ist essentliell, alle eventuell vorhandenen Knackser oder andere Störungen vorher herauszulöschen! Für die Überprüfung dieses Bereiches brauchst du unbedingt die Spektralansicht (View/Spectral View), die du unter F4/Spectral/Resolution auf mind. 256 Bänder Auflösung einstellen solltest, damit du in der Frequenzanalyse auch was erkennen kannst. Die Darstellung der Rausch-Probe sollte so gleichförmig wie möglich aussehen. Dabei ist es egal, ob ein Brummen oder Fiepen auf einem bestimmten Frequenzgang durchläuft, solange es nur absolut konstant ist.

    1. Den markierten Bereich müssen wir jetzt analysieren lassen, um den "noise floor", also das Hintergrundgeräusch (das in der ganzen Aufnahme unveränderte durchläuft) zu erfassen. Das machst du unter "Transform/Noise Reduction/Noise Reduction/Get Profile from Selection". Dabei sollte "Snapshots in Profile" über 1000 liegen, damit du einen brauchbar repräsentativen Durchschnitt bekommst. Das akustische Profil deiner Probe wird dann im Schaufenster angezeigt.
      Der "Precision Factor" sollte bei 11 liegen (auf jeden Fall auf einer ungeraden Zahl!), und "Smoothing Amount" (für härteste Entrauschung) auf Null.

    2. Jetzt müssen wir das Noise Reduction-Fenster schließen, um den Bereich zu markieren, den wir bearbeiten wollen - üblicherweise die gesamte Aufnahme. WICHTIG!! Dazu musst du "Close" benutzen, NICHT "Cancel" oder das X oben rechts in der Titelzeile! Nur so bleibt das Profil, das wir eben erstellt haben, intakt für die eigentliche Entrauschung.

    3. So, nun markierst du also die ganze Wellenform (z.B. mit Doppelklick im Editorfenster), begibst dich wieder zu "Transform/Noise Reduction/Noise Reduction/" und startest den Arbeitsvorgang einfach mit "OK". Nach Beendigung des Vorganges solltest du in der Spektralansicht an stillen Stellen keinerlei Signal erkennen können (schwarzer Hintergrund).

Damit wäre die Basisprozedur beendet. Es folgen nun - je nach Bedarf - ggf. noch folgende Arbeitsschritte:

  1. Manuelles Entfernen von Knacksern (z.B. durch Elektrostatik) im Signal: Hochfrequente Knackser erscheinen in der Spektraldarstellung als helle, schmale, senkrechte Streifen. Um diese brauchbar erkennen und markieren zu können, solltest du ein Zeitfenster von ca. 10 Sekunden der Wellenform im Zoom betrachten (Weiterschalten zum nächsten Abschnitt z.B. mit "Bild runter"-Taste).
    Ist ein Knackser gefunden, markierst du ihn möglichst knapp und gehst auf ""Transform/Noise Reduction/Click-Pop Eliminator/Fill single Click now". Und so fräst du dann in penibler Handarbeit die ganze Aufnahme durch.
    Ich hatte besonders durch elektrische Einstreuungen in die Signalleitung immer wieder solche Knackser in den Wellenformen, z.B. wenn ein elektrisches Gerät geschaltet wurde [Licht, Kühlschrank etc.]. Allerdings dürften die Hauptschuldigen an dieser Empfindlichkeit meine Trenntransformatoren gewesen sein, die ich zur Vermeidung von Brummschleifen in den Signalweg einschalten musste. Ohne Trenntrafos dürfte sich die Anfälligkeit verringern.

  2. Vorkompression: Besonders über Piezo-Pickups abgenommene Gitarren haben oft sehr hässliche Dynamikspitzen beim Anschlag eines Akkords, welche locker die 5fache Lautstärke der eigentlichen Grundlautstärke erreichen können (Bitte Wellenformdarstellung [Waveform View] benutzen!). Benutzt man solche Aufnahmen ohne weitere Bearbeitung für die Endabmischung, wird man immer wieder Probleme mit der geringen Lautstärke der Gitarrenspur bekommen - darüber hinaus verplempert man mit den Anschlagsspitzen wertvolle Dynamik in der Gesamtlautstärke. Fazit: die Dinger müssen erstmal gebügelt werden, bevor die Klampfe in den Mixdown geht.
    Das kann man natürlich einerseits mit einem Insert-Kompressor innerhalb von Cubase bei der Abmischung vornehmen. Da Inserts aber viel Prozessorpower schlucken (weil sie - im Gegensatz zu globalen Effekten wie Hall oder Chorus - für jede Spur einzeln berechnet werden müssen) und die Dynamikspitzen in der Originalaufnahme sowieso nie wieder gebraucht werden, kann man sie genauso gut vorher rausnehmen und dann mit einer Gitarrenspur arbeiten, die sich von der Dynamik her ähnlich ausgeglichen verhält wie z.B. eine Keyboardspur (die Samples synthetischer Klangerzeuger sind nämlich fast alle vorkomprimiert!).
    Das machst du unter Cool Edit mit "Transform/Amplitude/Dynamics Processing". Mit "Flat" (links unten) bekommst du erstmal eine neutrale Charakteristik eingestellt, welche die Aufnahme nicht verändern würde - in der grafischen Darstellung ist das eine gerade Linie von links unten nach rechts oben. Dieser Linie verpasst du rechts oben einen Knick nach unten, sodass sie sich dort an die Waagerechte annähert. Das bedeutet, dass im unteren (leiseren) Bereich bis zum Knick (dort ist unser eigentliches Nutzsignal) die Dynamik unverändert bleibt. Oberhalb des Knicks wird die Dynamik komprimiert, so dass die extremen Anschlagsspitzen zusammengestaucht werden und das Nutzsignal nicht mehr turmhoch überragen.
    Um das zu erreichen, setzt du auf der bestehenden 45°-Linie mit der Maus einen weiteren Wegpunkt und ziehst den rechten oberen Wegpunkt nach unten, bis du einen Knick in der Dynamiklinie hast.

  3. De-Essing: Speziell bei Gesangsausnahmen, die dicht am Mikrofon gemacht werden, kommt es oft zu unschöner Überbetonung der Zischlaute (s,ß,sch), die den natürlichen Hörgewohnheiten entgegenläuft. Diese sind in der Wellenformansicht oft auch deutlich als Lautstärkespitzen zu erkennen, die dich Gesamtdynamik kosten. Ein Grund mehr, diese Dynamikschinder etwas plattzuklopfen.
    Diesem Problem kommt man mit einem sogenannten "De-Esser" bei, der nicht anderes ist als ein frequenzbandgesteuerter Kompressor. Der bearbeitet nur den Bereich zwischen 4 und 12 kHz, in dem bei menschlicher Sprache ausschließlich diese Zischlaute liegen. Alle anderen Laute menschlicher Stimme werden zumeist im Kehlkopf erzeugt und erreichen kaum die 1000Hz-Grenze.
    In Cool Edit ist diese Funktion deshalb bei den Kompressoren zu finden ("Transform/Amplitude/Dynamics Processing"). Unter den Presets findest du hier mehrere De-Esser, die du nach Belieben verändern kannst, um sie deinen Bedürnissen anzupassen. In der ganz rechten Registrierkarte "Band Limiting" wird der zu bearbeitende Frequenzbereich eingestellt.

  4. Equalization: In diesem Bereich würde ich nur herumfingern, wenn deutliche und unschöne Beulen im Frequenzgang vorliegen (z.B. bei akustisch aufgenommener Percussion). Equalizer verbrauchen nur wenig Prozessorzeit und können am besten in der Abmischung eingestellt werden.
    Denke immer daran, dass du "normalisierte" Aufnahmespuren erhalten solltest, also ohne Störgeräusche und verfälschende Verfremdungen. Für gezielte Verfremdungen ist das Mischpult da!

So, ich hoffe, ich habe nichts vergessen, aber das Essentielle sollte dabei sein. Am wichtigsten für die Signalqualität ist meiner Erfahrung nach die Entrauschung, da bei billiger Hardware (Spiele-Soundkarten) und nicht-Studio-Umgebung (PC-Lüfter im Aufnahmeraum etc.) die Eliminierung von Nebengeräuschen leider unumgänglich wird. Profis können in vom Proberaum abgetrennten Regieräumen mit DigiDesign-24-Bit-Wandlern auf solche mühselige Handarbeit verzichten, aber wir einfaches Fußvolk müssen uns eben anders behelfen ;-)

© 2006 Uwe R. Hoeppe

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